Bezirk Schwaben verleiht Volksmusikpreis „Schwäbische Nachtigall“
Die „Schwäbische Nachtigall“ des Bezirks Schwaben ging in diesem Jahr an die „Familienmusik Althaus“ aus Fischen, die „Marktoberdorfer Stubenmusik“ und Dr. Erich Sepp aus München. „Die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger haben mich durch ihr herausragendes Engagement überzeugt“, sagt Bezirkstagspräsident Martin Sailer. „Ich freue mich, dass bei uns in Schwaben so ausgezeichnete musikalische Talente tätig sind und unsere Kulturlandschaft mit ihrem Können bereichern.“
Die „Schwäbische Nachtigall“ ist eine so bekannte wie singuläre Auszeichnung für besondere Verdienste um die schwäbische Volksmusik. Mit ihr dankt der Bezirk Schwaben Sängerinnen und Sängern, Musikant/-innen und Volkstänzer/-innen für ihr ehrenamtliches Engagement.
Die diesjährige Preisverleihung fand am 10. Juli im Rahmen des „Tags der Volksmusik“ im Bauernhofmuseum Illerbeuren statt. Barbara Holzmann, stellvertretende Bezirkstagspräsidentin, betonte in ihrer Ansprache den Wert der Kulturarbeit, der vielen zuletzt durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen wieder besonders bewusstgeworden sei: „Kulturarbeit ist nicht nur ein nettes Zusatzangebot, sondern wahrlich notwendig. Deshalb zeichnen wir heute Musikantinnen und Musikanten aus, die natürlich hervorragend singen und musizieren, die sich darüber hinaus aber auch um die regionale Kulturarbeit verdient gemacht haben.“
Die Preisträger/-innen
Marktoberdorfer Stubenmusik
Seit 1977 spielen Irmgard Jocham (Gitarre), Renate Eggensberger (Harfe), Johanna Reiser (Hackbrett), Sepp Frei (Kontrabass) und Bernhard Riedel (Zither) zusammen als „Marktoberdorfer Stubenmusik“. Das Quintett spielt bereits seit 45 Jahren in derselben Besetzung und zählt zu Schwabens ältesten noch aktiven Volksmusikgruppen.
Die heute als typisch alpenländisch geltende Stubenmusikbesetzung mit Zither, Hackbrett, Gitarre, Harfe und Kontrabass war in den 1970er-Jahren im Ostallgäu noch wenig verbreitet. Die Marktoberdorfer Stubenmusik wurde für diese Art des Musizierens in ihrer Region zum Vorbild für zahlreiche andere Gruppen.
Zitherspieler Bernhard Riedel organisierte dabei zahlreiche Veranstaltungen selbst – etwa in den 1990er-Jahren Volksmusikkonzerte in der Kleinkunstbühne „mobile“ in Marktoberdorf und Musikantentreffen in der Gaststätte auf dem Auerberg. Bis heute gibt es das gemeinsame Adventssingen der Stubenmusik und des Männerchores Liederkranz in der Frauenkapelle. Besonders in der Kirchenmusik ist die Marktoberdorfer Stubenmusik engagiert und sie gestaltete unzählige Maiandachten, Hochzeiten und andere Anlässe. Ihre Auftritte hat die Gruppe weit über die Grenzen des Allgäus hinausgeführt, von Südtirol über Unterfranken bis nach Schleswig-Holstein.
Die Begeisterung für die Volksmusik wurde in den Familien Jocham und Riedel an die nächste Generation weitergegeben. Ihre Töchter musizieren zusammen seit vielen Jahren in der Volksmusikgruppe „d’Schittlar“.
Familienmusik Althaus aus Fischen (Landkreis Oberallgäu)
Die Familienmusik Althaus besteht aus Josef Althaus (Akkordeon), seiner Frau Angelika Althaus (Bratsche), deren Töchter Maria (Harfe), Christine und Katharina (Geigen) sowie Josefs Schwester Susi Bandey (Hackbrett) und deren Sohn Philipp (Kontrabass).
Josef Althaus aus Fischen war schon in seiner Jugend ein gefragter Akkordeon- und Zitherspieler, u. a. spielte er in verschiedenen Besetzungen der Allgäuer Volksmusikfamilie Kerber. Als 18-Jähriger lernte er zusätzlich das Spiel auf dem Schwyzerörgeli. Sein Großcousin Michl Bader spielt das Instrument ebenfalls. Als Örgeli-Duo Althaus Bader machten die beiden das Schwyzerörgeli im Allgäu erst richtig bekannt.
Im Kindesalter bildeten die drei Althaus-Schwestern zusammen mit den Kindern der ebenfalls in Fischen beheimateten Familie Heidecker das „Fischinger Chörle“. Auch Cousin Philipp sang damals schon mit. Josef studierte mit dem Chörle die Lieder ein und begleitete es auf dem Akkordeon.
Als die Töchter als Jugendliche die entsprechenden Fähigkeiten auf ihren Instrumenten Geige und Harfe erworben hatten, war der Weg bereitet für die Familienmusik. Zu dieser kam noch Tante Susi Bandey hinzu, die Hackbrett und Gitarre an der Musikschule in Oberstdorf unterrichtet. Da der Gruppe noch ein Bassinstrument fehlte, lernte ihr Sohn Philipp Kontrabass.
Die Familienmusik Althaus singt in dieser Zusammensetzung auch gemeinsam, vorwiegend in der Adventszeit oder bei geistlichen Konzerten. Bei ihrem Repertoire legen sie sowohl bei der Instrumentalmusik als auch beim Gesang großen Wert auf die Musik ihrer Region.
In ihren verschiedenen Besetzungen haben die Mitglieder der Familie Althaus beim Alpenländischen Volksmusik-Wettbewerb in Innsbruck immer wieder Auszeichnungen erhalten.
Dr. Erich Sepp (ehemals Bayerischer Landesverein für Heimatpflege)
Dr. Erich Sepp war 26 Jahre lang Leiter der Abteilung Volksmusik beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege in München. Von der Landeshauptstadt aus hat sich Dr. Sepp immer für Schwaben engagiert.
In der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre füllte Erich Sepp die Lücke, die entstand, als sich der damalige schwäbische Volksmusikpfleger, Michael Bredl, aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen musste. Viele Initiativen gingen in dieser Zeit für die Volksmusikpflege in Schwaben aus. Ein herausragendes Ereignis war der Blasmusikwettbewerb „gschpielt und bloasa“, der 1984 von der Augsburger Allgemeinen und der Allgäuer Zeitung initiiert wurde. Erich Sepp leistete die nötige Überzeugungsarbeit, dass durch den Wettbewerb die ländliche Blasmusik gefördert werden müsse. Denn die kleineren dörflichen Blaskapellen übernehmen häufig das anlassgebundene Musizieren und sind somit ein wichtiger Träger der örtlichen Brauchtumspflege. Im Zuge des Wettbewerbs wurde bei vielen Musikvereinen das alte handschriftliche Notenmaterial hervorgeholt und dem neugegründeten Archiv für Volksmusik in Schwaben überlassen.
Nach Einrichtung der Forschungs- und Beratungsstelle für Volksmusik in Krumbach im Jahr 1990 begleitete Dr. Erich Sepp deren Arbeit mit Rat und Tat. Von ihm stammte die Idee zum Weisenbläsertreffen auf dem Fellhorn, bei dem er viele Jahre als Referent mitarbeitete und Notenhefte mit Bläsersätzen zu Allgäuer Liedern und Jodlern herausbrachte. Ebenfalls als Referent und Arrangeur wirkt Erich Sepp bis heute beim Fortbildungstag „Volkslieder im Chorsatz“ in Kloster Holzen mit, für den er unzählige neue Chorsätze geschrieben hat, um die kleineren Chöre auf dem Land mit geeignetem Liedgut zu versorgen.
Seit seiner Pensionierung im Jahr 2008 beschäftigt sich Erich Sepp mit der Erforschung der taktwechselnden Tänze. Mit seiner Publikation über die schwäbisch-alemannischen Zwiefachen hat er ein Standardwerk für die Volkstanzpflege und -forschung in Bayerisch-Schwaben und Baden-Württemberg geschaffen.